Forderung nach einer Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr wird immer lauter Angesichts steigender Ansteckungszahlen wächst der Druck auf den Bundesrat, neue Corona-Regeln einzuführen. Einreisende aus Risikogebieten sollen in die Quarantäne geschickt und eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr eingeführt werden. David Vonplon 28.06.2020, 10.50 Uhr Drucken Teilen Wo die Fälle steigen, soll künftig eine Maskenpflicht gelten, findet die Corona-Taskforce des Bundes. Wo die Fälle steigen, soll künftig eine Maskenpflicht gelten, findet die Corona-Taskforce des Bundes. Gaetan Bally / KEYSTONE Fünf Mal in Folge ist die Zahl der täglich registrierten Corona-Ansteckungen in der zurückliegenden Woche in der Schweiz wieder angestiegen. Am Montag zählte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) noch 18 Fälle, am Samstag waren es bereits 69. Nun wächst bei Fachleuten und Politikern die Furcht vor einer zweiten Welle. Die Gefahr eines stärkeren Anstiegs bestehe auf jeden Fall, könne aber noch verhindert werden, sagt Matthias Egger, Leiter der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes in der «Sonntagszeitung». Der Epidemiologe sieht den Zeitpunkt für die Einführung einer Maskenpflicht gekommen. «Wir empfehlen eine solche im öffentlichen Verkehr und überall, wo eine Nachverfolgung mittels Contact-Tracing nicht möglich ist», sagt Egger. Die Zunahme der Ansteckungen in den letzten Tagen führt er auf die Lockerungsschritte des Bundesrats vom 6. Juni und die Grenzöffnung vom 15. Juni zurück. Gegenwärtig gilt eine Maskenpflicht hierzulande nur für Demonstrationen. Im öffentlichen Verkehr wird das Tragen von Masken bloss empfohlen. Das soll sich ändern, wenn die Fallzahlen weiter ansteigen, findet auch Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren. «Wir sollten nicht mehr viel Zeit verlieren, um eine Maskenpflicht einzuführen», sagt der Basler CVP-Regierungsrat. Über eine schweizweite Einführung entscheidet allerdings der Bund. Die Kantone können bloss auf dem eigenen Gebiet eine Pflicht erlassen – und auch dies nur, wenn es dafür dringende gesundheitsrelevante Gründe gibt. Kantone für Quarantänepflicht Zugleich wird auch die Forderung nach einer Quarantänepflicht für Einreisende aus Drittstaaten laut. Denn der Anstieg der Infektionsfälle geht zu einem Teil auch auf die erhöhte Reisetätigkeit aus Ländern mit einer hohen Virusaktivität zurück. Insbesondere Einreisende aus Serbien schleppten das Virus in die Schweiz ein. «Das vermehrte Reiseaufkommen in der Ferienzeit gibt Anlass zur Sorge, dass die Ansteckungszahlen weiter ansteigen werden», sagt GDK-Präsident Engelberger gegenüber der «NZZ am Sonntag». Die Quarantänepflicht sei eine Möglichkeit, um einen weiteren Anstieg der Corona-Ansteckungen zu verhindern. Angesichts der aktuellen Lage sollte der Bund laut Engelberger weitere Einreisemassnahmen anordnen. Auch die Zürcher Gesundheitsdirektorin Nathalie Rickli findet, dass es mit der bevorstehenden Ferienzeit für Rückreisende aus dem Ausland klare Vorgaben des Bundes brauche, sei es mit einer Quarantänepflicht oder gar einem Einreiseverbot für Rückreisende aus bestimmten Länder. Der Bund selbst erwägt gemäss BAG eine Empfehlung zur freiwilligen Selbstquarantäne auszusprechen. Diese würde einreisende Personen aus Risikogebieten betreffen. Ein Entscheid ist allerdings noch nicht gefallen. Für Einreisende aus Ländern ausserhalb des Schengenraums gelten noch bis zum 6. Juli Einreisebeschränkungen. Die Bundesbehörden prüfen nun, wo und in welcher Form die Grenzen geöffnet werden sollen. Laut Justizministerin Karin Keller-Sutter ist die epidemiologische Situation ein Kriterium, das bei der Entscheidung, ob die Grenzen zu Drittstaaten geöffnet werden sollen, berücksichtigt wird. Geschehen soll dies wenn immer möglich in Abstimmung mit der EU. Kantone schlecht gerüstet Eine Umfrage des «Sonntagsblick» legt derweil nahe, dass diverse Kantone auf eine zweite Welle schlecht vorbereitet wären. So will etwa der Kanton Graubünden seine Massnahmenplanung für eine mögliche zweite Welle erst «bis Ende August» fertigstellen – also frühestens in zwei Monaten. Aus dem Kanton Tessin heisst es, man werde «in den kommenden Wochen an solchen Dossiers arbeiten. Offen bleibe, bis wann ein Konzept stehen soll. Derweil existieren in einigen Kantonen keine detaillierten Pläne für lokale Ausbrüche, wie sie etwa in Deutschland in Fleischfabriken vorkamen. Sollte sich das Virus erneut weiter ausbreiten, müsste der Bund laut Engelberger wieder mehr Verantwortung übernehmen. Der Bund bleibe im Krisenmanagement weiter gefordert.